Gedanken zum 26.Sonntag i.J. C – 29.September 2019
Lesung – 1 Tim 6,11-16; Evangelium – Lk 16,19-31
Als ich mir in Vorbereitung auf den heutigen Gottesdienst, diese Evangelienstelle das 1. Mal durchgelesen habe, habe ich mir gedacht „Puuh, das ist aber ein ungünstiger Termin, den ich da für eine Wortgottesfeier übernommen habe, was soll ich denn zu dieser Evangelienstelle überhaupt sagen?“ Gott sei Dank wusste ich schon länger, dass ich heute an der Reihe bin und so blieb Zeit die Bibelstellen immer wieder zu lesen und zu schauen, was passiert. Naja, ich muss zugeben, leichter sind die Bibelstellen auch nach oftmaligem Lesen nicht geworden …. Aber mich hat dann die Figur des Lazarus im Evangelium nicht mehr losgelassen.
Lazarus ist die griechische Form des hebräischen Eleasar, und heißt übersetzt: ”Gott hat geholfen – Gott hilft“. Ich möchte mir heute mit Ihnen über dieses „Gott hilft“ ein paar Gedanken machen.
Gott hilft: Wann haben Sie das letzte Mal in Ihrem Alltag gemerkt, dass Gott in Ihrem Leben aktiv am Werk ist, dass Gott Ihnen hilft? Vielleicht war es ja auch nur eine Kleinigkeit, ein scheinbarer „Zufall“, eine kleine Weichenstellung oder Wegkorrektur.
Gott hilft. Und ich glaube, wir dürfen davon ausgehen, dass Gott jedenfalls hilft und immer hilft und dass es nicht das Thema ist, ob Gott Lust hat uns zu helfen und dass wir Gott gnädig stimmen müssen, damit er uns hilft. Nein, das ist nicht mein Gottesbild. Gott hilft jedenfalls und immer.
Das Thema ist viel mehr, lass ich mir von Gott helfen und wie merke ich seine Hilfe, so dass ich Gottes Hilfe auch annehmen kann. Etwas vereinfacht und bildlich gesprochen könnte man sich das als ein Modell eines Senders und eines Empfängers vorstellen. Gott ist der Sender und jeder und jede von uns ist Empfänger der Hilfe Gottes. Die Frage ist, wie kann ich bestmöglich auf Empfang gehen?
Jeder von Ihnen kennt das: ein Radioapparat der rauscht und kracht, weil man den Sender nicht gut eingestellt hat, weil man keinen guten Empfang hat. Man versteht nur mehr undeutlich oder gar nichts mehr. Das kann dann ganz schön mühsam sein und nerven und nicht selten dreht man den Radioapparat einfach ab.
Ein guter Empfang ist wichtig und essentiell um die Botschaft des Senders klar und deutlich und gut zu hören.
Gott hilft. Wie können wir selber Gottes Hilfe gut und verständlich empfangen?
- Ich kann empfangen durch Hören.
Hören kann gelingen durch das Hören auf die heilige Schrift, so wie wir es hier Sonntag für Sonntag im Gottesdienst machen, oder wie es vielleicht viele von Ihnen im Alltag machen, wenn Sie in der Bibel lesen. Auch im heutigen Evangelium werden wir da ganz klar darauf hingewiesen, wenn es zum Schluss heißt „Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht“. Ich denke, das Hören auf das Wort Gotte sin der Schrift ist ganz wichtig. Aber mindestens genauso wichtig um auf Empfang zu bleiben oder auf guten Empfang zu kommen, und Gottes Hilfe zu erkennen, ist das Hören auf die eigene innere Stimme. Gott spricht zu uns, durch uns selbst. Das mag auf den ersten Blick paradox klingen, ist aber eigentlich ganz logisch: Gott hat uns als seine Ebenbilder geschaffen, jede und jeder von uns ist ein Ebenbild Gottes und diese Ebenbildlichkeit ist in uns drinnen, die ist in uns grundgelegt. Dieser Gedanke war auch Vinzenz Pallotti ganz, ganz wichtig. Und Sebastian Painadath, ein indischer Jesuit hat immer wieder gesagt, dass jeder und jede von uns vergöttlicht ist. Wir tragen also das Göttliche in uns drinnen, und daher dürfen wir darauf vertrauen, dass wenn wir unserer eigenen inneren Stimme verantwortungsvoll lauschen, ihr zuhören und ihr folgen, dass wir dadurch Gottes Führung und Gottes Hilfe folgen.
Was brauchen Sie, damit Sie Ihre eigene innere Stimme wahrnehmen und sie hören können? Wenn ich Menschen mit dem Berufungscoaching begleite, spielt dieses Thema auch immer eine große Rolle. Und da habe ich erfahren dürfen, dass das für Menschen ganz unterschiedlich ist. Die einen nehmen ihre innere Stimme war, wenn sie in der Ruhe sind, in der Meditation, in der Stille. Andere wieder können ihre innere Stimme dann ganz besonders gut hören, wenn sie in Bewegung und in Aktion sind, z.b. beim Laufen oder beim Sport, dann also, wenn sie sich auch körperlich so richtig spüren. Wieder andere brauchen die Natur um so ganz bei sich sein zu können und ihre innere Stimme wahrnehmen zu können. Und da gibt es noch viele andere Möglichkeiten auch. Es ist wichtig zu schauen, was brauche ich ganz persönlich, was tut mir gut, um auf Empfang zu meiner inneren Stimme zu gehen und damit auf Empfang zum Sender Gott in meiner inneren Stimme zu gehen.
Gott hilft und ich kann Gottes Hilfe durch das Hören auf meine innere von Gott grundgelegte Stimme hören und diese Hilfe annehmen.
- Ich kann auch auf Empfang gehen, durch das Wahrnehmen von Zeichen, Situationen und Vorkommnissen im Äußeren, in der ganz konkreten Alltagswelt, in die ich hineingestellt bin.
Der reiche Mann im Evangelium wird nicht aufgrund seines Reichtums verurteilt. Nein, er wird deswegen angeklagt, weil er Lazarus in seiner Not und seinen Bedürfnissen nicht wahrgenommen hat, weil er die Zeichen in seiner ganz konkreten Umgebung ignoriert hat.
Gott hilft durch ganz konkrete Situationen im Alltag, vielleicht auch durch Zufälle, die ich annehmen kann oder auch nicht. Durch Möglichkeiten, etwas zu tun, was ich vielleicht gar nicht geplant habe. In der 1.Lesung sagt Paulus zu Timotheus „Erfülle deinen Auftrag rein und ohne Tadel“. Dasselbe sagt Gott auch zu jedem und jeder von uns. „Erfülle deinen Auftrag, folge deiner Berufung und ich helfe dir dabei. Schau aufmerksam und achtsam auf die Möglichkeiten, die sich in deinem ganz konkreten Umfeld auftun. Oft werden das auch ganz unspektakuläre und vielleicht winzige Schritte sein. Aber es ist wichtig sie zu tun.
Da fällt mir immer der Ausspruch von Erich Kästner ein „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es …“.
Was kann helfen in diesem Sinn – also im Wahrnehmen des Äußeren – noch besser auf Empfang zu gehen? Im Englischen gibt es den Ausspruch „Seeing with fresh eyes“ – also quasi ein Schauen mit ganz wachen, frischen Augen, so als ob man es noch nie zuvor gesehen hat. So wie das Kinder zB tun. Schauen Sie vielleicht einmal was passiert, wenn Sie eine Ihnen vertraute Begebenheit oder Situation in Ihrem Alltag aus einer anderen Perspektive, einem anderen Blickwinkel anschauen, vielleicht verbunden mit der Frage, „sehe ich da etwas, was mir Gott als Hilfe anbietet“?
Auf Empfang gehen über den Weg der inneren Stimme – auf Empfang gehen über den Weg der achtsamen und aufmerksamen Wahrnehmung im Äußeren. Beides ist möglich und natürlich ist auch eine Kombination von beiden eine gute Sache. Beide Wege brauchen aber auch Übung und gewissermaßen Training, damit sie auch funktionieren.
Morgen beginnt schon der Oktober und der Oktober war in der Kirche klassisch immer als Rosenkranzmonat auch ein Marienmonat. Maria hat das wohl so perfekt wie niemand anderer gemacht, auf ihr Inneres zu hören und gleichzeitig den äußeren Zeichen zu folgen und so Gottes Führung und Gottes Hilfe wahrzunehmen und anzunehmen. Ich denke, Maria kann uns da diesbezüglich ein großes Vorbild sein.
Ich habe eine Idee: Was wäre, wenn wir den Marienmonat Oktober gleichsam als Trainingsmonat verwenden um uns wieder aufs Neue ganz bewusst von Gott helfen zu lassen. Was brauche ich, damit ich meine innere Stimme und damit Gottes Führung und Hilfe hören und annehmen kann? Was sehe ich, wenn ich durch meine Welt und meinen Alltag mit einem ungewohnten Blickwinkel und frischen, wachen Augen gehe? Probieren wir es doch einfach aus – was kann schon passieren, außer dass uns vielleicht Gott hilfreich begegnet?
Gott hilft – er sendet und hilft jedenfalls und immer. Es liegt an uns ob wir auf Empfang gehen.
(c) Dr. Alexander Kaiser