Gedanken zum 33.Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr B – 2018
In einem Theater brach hinter den Kulissen Feuer aus. Der Hauptdarsteller trat an die Rampe der Bühne, um das Publikum davon zu unterrichten. Das Publikum glaubte aber, es sei ein Witz und applaudierte. Der Schauspieler wiederholte seine Mitteilung; das Publikum jubelte noch mehr. Der dänische Philosoph und Theologen Søren Kierkegaard von dem diese kurze Geschichte stammt, sagt: So, wie in dieser Geschichte, denke ich mir, wird die Welt eines Tages untergehen.
Gustav Mahler soll einmal gesagt haben: „Wenn die Welt untergeht, fahre ich nach Wien, denn dort passiert alles 50 Jahre später.
Diese beiden Zitate oder Episoden sind Beispiele, die man beliebig lange fortsetzen könnte. Denn das Ende der Welt hat seit hunderten von Jahren Menschen gleichermaßen fasziniert und interessiert wie auch in Angst und Schrecken versetzt. Denken Sie an Hollywood Katastrophenfilme über das Ende der Welt, oder an Weltuntergangsprophezeiungen mancher Sekten und Religionen in den letzten Jahren. Fast am Ende des Kirchenjahres angelangt, geht es auch in den heutigen Bibelstellen um das Ende. Und es geht nicht um irgendein Ende, sondern gleich um das Ende der Welt.
Das Ende als solches ist ja an sich einmal nicht unbedingt etwas Schlechtes oder Beängstigendes. Wenn sie in einem schlechten oder langweiligen Theaterstück sitzen, dann werden Sie sich das Ende wahrscheinlich sogar herbeisehnen. Oder wenn ich als begeisterter aber derzeit ziemlich leidgeprüfter Rapid Fan an manches Fußballspiel unserer Mannschaft in den letzten Wochen denke, na ich sage ihnen, da können auch 90 Minuten lang werden und nicht selten habe ich mir gedacht, wann ist dieses Spiel denn endlich zu Ende – das ist ja nicht zum anschauen!!
Der Gedanke an das Ende, kann aber natürlich auch ein wehmütiger oder bitterer sein. Wenn sich beispielsweise eine schöne Urlaubsreise dem Ende zuneigt, dann hätte man doch oft das Ende noch gerne ein bisserl hinausgeschoben. Oder wenn die Zeit knapp wird, eine Aufgabe abzuschließen oder eine Arbeit abzugeben, da wünscht man sich oft, dass das Ende der Abgabefrist noch nicht so bald ist (meine StudentInnen an der Wirtschaftsuniversität ….).
Das Ende an sich kann also gut oder weniger gut sein, manchmal ist es herrlich, dass etwas endlich beendet wird und manchmal macht es uns traurig oder es erzeugt Stress, dass etwas zu Ende geht.
In vielen Sprachen bedeutet ein und dasselbe Wort sowohl Ende als auch ZIEL: Italienisch fine; Latein finis; Spanisch fin; Portugiesisch; Englisch finish; Das ist interessant: Das Ziel, also das wohin ich unbedingt will, das wohin es mich zieht – hat dasselbe Wort wie Ende. Man könnte also sagen: wenn ich am Ziel bin, dann ist es auch gut, dass es zu Ende ist. Dazu ist es aber dann wichtig zu wissen, was das Ziel ist, wohin ich will!
Noch ein drittes Wort spielt hier eine Rolle und ist sowohl mit Ende, als auch mit Ziel eng verwandt: die Vollendung. Etwas zur Vollendung bringen, heißt es vollkommen zu machen, es zur Krönung, zur Spitze, zum Höhepunkt zu bringen. Ja, wenn Sie so wollen, es zu einem guten, zu einem befriedigenden Ende bringen.
Ende – Ziel – Vollendung
Schauen wir mit diesem Verständnis dieser drei Worte und mit dieser Sicht nochmal auf das Evangelium, das wir heute gehört haben.
- Es fällt auf, dass in der Endzeitrede von Jesus an seine Jünger – vielleicht wider Erwarten – nicht vom Weltgericht oder vom jüngsten Gericht die Rede ist. Ganz im Gegenteil ist davon die Rede, dass der Menschensohn mit großer Kraft und mit großer Herrlichkeit kommt. (Wir beten und bekennen das auch jeden Sonntag nach der Wandlung, wenn wir beten „Deinen Tod oh Herr verkünden wir, deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit“)
- Aha!! Es kommt also nicht irgendwer, es kommt niemand Unbekannter, sondern es kommt der, den wir bereits kennen, kennen aus den vielen Begegnungen und Geschichten in der heiligen Schrift, in den Evangelien.
- Es kommt der – mit großer Kraft und Herrlichkeit – der uns in den Evangelien immer und immer wieder aufs Neue gesagt hat „Fürchte dich nicht“!!
- Es kommt der, der uns gesagt hat „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“.
- Es kommt Jesus, der uns in der Bibel immer und immer wieder aufs Neue zugesagt hat „du bist als ein Ebenbild Gottes geschaffen und dein ZIEL ist es, in deinem Leben immer mehr und mehr der- oder diejenige zu werden, als den ich dich geschaffen habe.
- Es kommt Jesus, der uns immer wieder aufs Neue zugesagt und versprochen hat, dass er uns trägt und entgegenkommt, dass er uns vollkommen machen will und das Kunstwerk, das jede und jeder von uns ist, vollenden
Also, ich finde so gesehen klingt das nicht wirklich zum Fürchten, sondern vielmehr als Auftrag und als eine Verheißung! Was kann das für uns heißen, im Hier und Jetzt, im Spätherbst 2018:
- Ja, die Welt wird irgendwann ein Ende haben. Ja, und auch unser Leben hier in dieser Welt wird irgendwann ein Ende haben. Das ist einfach so.
- Nein, wir müssen uns nicht fürchten vor dem Ziel und dem Ende. Denn uns erwartet niemand Unbekannter, sondern ein Freund, ein Freund des Lebens, jemand, dem es immer wichtig war, dass wir ein Leben in Fülle im Blick haben.
- Und ein drittes: Wenn wir vom Ende und der Vollendung sprechen und darüber nachdenken, dann dürfen wir uns auch selber 2 Fragen stellen:
- was muss ich bei mir ganz persönlich beenden, damit ich meinem Ziel zu dem ich berufen bin, nämlich ein Ebenbild Gottes zu werden, ein Stück näherkomme?
- Was möchte ich gerne in meinem ganz persönlichen Leben in nächster Zeit vollenden, zu einem guten Ende bringen?
Es sind noch 2 Wochen bis der Advent beginnt und damit auch die Vorbereitung auf Weihnachten. Vielleicht ist es eine gute Gelegenheit sich in diesen beiden Wochen, dann und wann diesen beiden Fragen zu widmen: was möchte ich bei mir beenden? was möchte ich in nächster Zeit vollenden?
Die Welt verendet nicht, sie wird vollendet. Wir können mit unserem eigenen Leben dazu beitragen, dass diese Welt vollendet wird!
(c) Dr. Alexander Kaiser