Gedanken zu Thema Geh und Staub abschütteln am 14. Sonntag i.J. am 6.Juli 2025

Juli 6, 2025

Gedanken zum 14. Sonntag im Jahreskreis (C) 2025

Evangelium Lk 10, 1-11

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas.
In jener Zeit suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte.
Er sagte zu ihnen: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.
Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!
Geht!
Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.
Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe!
Grüßt niemanden auf dem Weg!
Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus! Und wenn dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird euer Friede auf ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren.
Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was man euch anbietet;
denn wer arbeitet, ist seines Lohnes wert.
Zieht nicht von einem Haus in ein anderes!
Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt.
Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahe!
Wenn ihr aber in eine Stadt kommt, in der man euch nicht aufnimmt, und eure Worte nicht hören will, dann geht weg und schüttelt den Staub von euren Füßen. Dann geht auf die Straße hinaus und ruft: Selbst den Staub eurer Stadt, der an unseren Füßen klebt, lassen wir euch zurück; doch das sollt ihr wissen: Das Reich Gottes ist nahe.
Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und sagten voller Freude:
Herr, sogar die Dämonen sind uns in deinem Namen untertan.
Da sagte er zu ihnen: Nichts wird euch schaden können.
Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!

 

Gedanken:

Eine ganz spannende und tolle Evangeliumsstelle ist das, die wir soeben gehört haben mit ganz vielen Anknüpfungspunkten für unser konkretes Leben, wie ich finde. Da könnte man eine ganze Predigtreihe daraus machen … aber keine Angst, ich werde mich kurz halten J Morgen brechen meine Frau und ich in den Urlaub auf und natürlich überlegen wir schon was wir alles einpacken müssen und – ja natürlich – wird es wahrscheinlich wieder zu viel sein und wir uns über den schweren Koffer dann ärgern ;-). Dabei hören wir heute im Evangelium ja, dass Jesus die Jünger anweist, nichts mitzunehmen, keine Vorratstasche, ja nicht einmal Schuhe! Schon darüber würde es sich lohnen einmal eine Predigt zu halten …
Aber ich möchte heute zwei andere Punkte herausgreifen und ein wenig näher betrachten:
1.)
Jesus sendet Jünger und Jüngerinnen aus. Nicht mehr 12 – wie die 12 Apostel – sondern jetzt eine relativ große Menge an Menschen, nämlich 72. Und – auch das ist interessant, wenn man es genau liest, er sendet sie aus dorthin zu gehen, wo er – also Jesus – selbst gerne hingegangen wäre. Jesus delegiert also und teilt Verantwortung auf viele Schultern. Nicht mehr alles ruht auf den Schultern weniger – sondern auf vielen. Es ist die erste große Dezentralisierung des Evangeliums.
Geht!“ – Mit diesem einen einzigen Wort sendet Jesus die 72 aus. Da gibt es kein großes Auswahlverfahren, keine Bewerbungsgespräche und Assessments, es gibt aber auch keine große Einschulung, kein Briefing, keine Absicherung. Gewerkschaft hat es damals offenbar noch keine gegeben, der würde heute wahrscheinlich schlecht werden, wenn sie das sieht J
Jesus sagt also einfach „Geht“ aber es sagt auch nicht „Geht und schauts einmal langsam was sich so ergibt und macht‘s irgendwas“. Nein, Jesus stattet die 72 mit einem ganz konkreten Auftrag aus: Heilt die Kranken, und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahe! Ganz klarer Auftrag, ganz klares todo, ganz klares Ziel, ganz klare Mission.
„Geht!“ – das ist keine Einladung zum Stillstand, sondern zur Bewegung. Und nicht nur zur äußeren. Auch zur inneren. Jesus sendet nicht zuerst Experten aus. Er sendet Menschen. Ganz normale, so wie dich und mich, Menschen mit Angst und Mut, mit Zweifeln und Sehnsucht. Und er sendet sie zu zweit. Keiner soll allein unterwegs sein. Gemeinschaft ist kein Luxus, sondern Grundlage.

Umgelegt auf uns im Hier und Jetzt im Heute: Was kann dieses „Geht !“ für jede und jeden einzelnen von uns heißen?
Ich denke, es ist ein liebevoller und gleichzeitig aber auch sehr konkreter Hinweis darauf, ins Tun zu kommen. Nicht alles immer hundertmal zu analysieren und abzuwägen, nicht immer zu allererst zu fragen und zu denken, was könnte alles passieren, was könnte alles schiefgehen und vielleicht auch was habe ich davon für einen Nutzen, für einen Gewinn. Nein, wenn ich eine innere Klarheit habe, dann sagt Jesus auch zu mir und zu dir „Geh!“ „Geh und mach’s!“ „Geh und tu’s“ Oder wenn er ein charmanter Wiener wäre, würde er vielleicht sagen „Heb deinen Allerwertesten und setz dich in Bewegung“ – Steh auf und rühr dich – der Herrgott hat dir eh zwei Fiaß gschenkt.“
Eines meiner Lieblingszitate stammt von Erich Kästner. Er schrieb einmal „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ und Franz Kafka hat einmal geschrieben „„Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“

2.)
Ein zweiter Aspekt aus dem Evangelium, der mich sehr angesprochen hat.
Jesus sagt seinen Jüngern: „Wenn ihr aber in eine Stadt kommt, in der man euch nicht aufnimmt, und eure Worte nicht hören will, dann geht weg und schüttelt den Staub von euren Füßen.“
Das ist eine, wie ich finde bemerkenswerte Aussage, die hart klingt – und zugleich sehr befreiend ist und zeigt, dass Jesus auch sehr realistisch ist. Was können wir uns von dieser Aussage mitnehmen für unser Leben? Ich glaube zweierlei:

  • Wir dürfen uns nicht entmutigen lassen, wenn etwas nicht gleich funktioniert. Nicht jeder Weg führt sofort zum Erfolg. Nicht jede Tür geht immer auf. Nicht jede Mühe wird angenommen. Aber: Das ist kein Scheitern, das dazu führen soll, dass man gleich völlig resigniert und frustriert alles hinhaut. Es gehört dazu. In einer Zeit, in der sich viele auch aufreiben – beruflich, politisch, kirchlich, familiär –, ist dieser Satz heilsam – Man darf auch loslassen. Man darf sich den Staub von den Füßen schütteln. Man darf weitergehen, ohne Bitterkeit, aber auch ohne falsche Erwartungen. Jesus sagt nicht: „Zwingt sie, dass sie euch zuhören. Zwingt sie, sich heilen zu lassen“ Er sagt: „Geht einfach weiter.“ Das Evangelium kennt keine Gewalt, nur das Angebot. Und auch die Freiheit, es abzulehnen.
  • Ein zweites: wir dürfen – bildlich gesprochen – Menschen auch abschütteln, die immer nur alles negativ sehen, die alles und jedes verhindern wollen, in Wien würde man sagen die ewigen Suderanten und Motschgerer, die die immer zuerst das sehen, was nicht funktioniert, die bei jeder Idee sagen: „Des geht sich net aus“. Jesus ermutigt uns, uns abzugrenzen, von dem, was uns runterzieht. Nicht aus Überheblichkeit – sondern aus Selbstfürsorge. Und aus Klarheit für den Weg. Ich bin mir ziemlich sicher, dass uns allen ziemlich rasch Menschen in den Sinn kommen, die uns einfach immer wieder nur auf die Nerven gehen. Wir dürfen sie loslassen und ein Stück weit auch abschütteln.

Gehen und Staub abschütteln
Der Theologe Karl Rahner sagte: „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein – oder er wird nicht mehr sein.“ Das heißt: Christsein wird nicht mehr vor allem durch äußere Zugehörigkeit definiert, sondern durch die innere Erfahrung des Gehens mit Christus. Es wird um Tiefe gehen – und um Sendung.
Die Zweiundsiebzig kehren zurück – mit Freude. Nicht, weil sie gefeiert wurden. Sondern weil sie erlebt haben: Gott wirkt. Auch durch uns. Und manchmal trotz uns.
„Geht!“ – Das ist mehr als ein Auftrag. Es ist ein Lebensstil. Eine Haltung. Ein Vertrauen. Eine Hoffnung. Wer geht, bleibt nicht beim Alten stehen. Wer geht, lässt sich ein auf Veränderung. Wer geht, rechnet damit, dass Gott schon da ist, wo wir erst ankommen.
Und wer den Staub abschüttelt, bleibt nicht in der Enttäuschung stecken – sondern bleibt frei und bereit für das, was kommt.

Wenn Jesus heute WhatsApp hätte, hätte er den 72 vermutlich einfach eine kurze Nachricht geschickt: ‚Geht!‘ – Kein Smiley, kein Kontext. Einfach nur: Geht!. Und sie sind wirklich gegangen.

–> Was würde passieren, wenn Du so eine Nachricht von Gott bekommst?

(c) Alexander Kaiser