Gedanken zum 3.Adventsonntag – Lesejahr B am 13.12.2020
Der 3. Sonntag ist als Sonntag Gaudete derjenige Adventsonntag, an dem die Freude im Mittelpunkt steht. Schon im Eröffnungsvers zur Liturgie heißt es „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!“ Aber worauf ist dieser Optimismus und diese Freude begründet? Für mich liegt der Schlüssel dazu im Evangelium.
Im heutigen Evangelium spielt Johannes der Täufer die Hauptrolle. Johannes wird mit der Frage konfrontiert „Wer bist du?“
Die zu Johannes gesandten Priester und Leviten stellen ihm diese ganz grundlegende und existentielle Frage. Wer bist du? Und in einem wirklich eindrucksvollen Frage- und Antwortspiel legt Johannes zuerst offen, wer er aller NICHT ist. Ich bin nicht der Messias. Ich bin nicht Elija. Ich bin nicht der Prophet. Die Priester und Leviten bleiben hartnäckig und lassen nicht locker. Wer bist du? Was sagst du über dich selbst? Und darauf antwortet Johannes mit einem Bekenntnis über sich, sein Selbst und seine Berufung und seine Aufgabe. Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat.
Toll! Johannes weiß also, wer er ist, wofür er steht, was seine Aufgabe, ja seine Berufung ist.
Versetzen wir uns doch für einen Augenblick in die Rolle des Johannes und in eine ähnliche Szenerie, wie wir sie im Evangelium gehört haben – es muss ja nicht gleich die Wüste sein.
Stellen Sie sich vor, jemand kommt zu Ihnen und fragt Sie „Wer bist Du?“ „Was sagst Du über dich selbst?“ Was würden Sie spontan antworten? Vielleicht würden wir zuerst ganz oberflächlich antworten. „Ich bin ein Mensch!“ – Ok, aber „Wer bist Du?“. „Ich bin ein Mann / eine Frau.“ Gut, aber „Wer bist Du?“ Vielleicht würden wir dann mit einer wichtigen Rolle aus unserem Leben antworten – „Ich bin Mutter / Vater / Sohn / Tochter / Mitbruder …“ oder vielleicht würden wir mit unserem Beruf antworten. Unser Gegenüber lässt aber nicht locker und fragt Dich immer wieder aufs Neue „Wer bist Du? Was sagst Du über Dich selbst?“ Und Sie merken schon, mit jedem Mal mehr fragen „Wer bist Du?“ kommen wir eine Stufe tiefer, kommen Sie dem, wer Sie wirklich sind, einen Schritt näher.
Wer bist Du? Johannes konnte eine Antwort geben, die tiefer und gleichzeitig klarer und konkreter kaum sein kann.
Je genauer ein Mensch weiß, wer er/sie wirklich ist, wofür er/sie wirklich steht und was seine/ihre Aufgabe und Berufung ist, umso selbst-bewusster – im wahrsten und eigentlichen Sinn des Wortes – also bewusst seines Selbst – kann jemand leben und agieren. Selbst-bewusste Menschen, sind meistens sehr klare Menschen, Menschen, bei denen man weiß, woran man ist, weil sie selbst wissen, wer sie sind und wofür sie stehen und was sie tun sollen.
Fällt es Ihnen leicht, eine klare Antwort auf die Frage zu geben „Wer bist Du?“ Wahrscheinlich nicht. Ich weiß auch nicht, ob es Johannes so leicht gefallen ist, oder ob nicht die Fähigkeit zu dieser Antwort auch ein längerer Entwicklungsprozess war. Dieses Erkennen des eigenen Selbst, dieses Antworten auf die Frage „Wer bist Du?“ „Was sagst Du über Dich selbst?“ ist für mich ein lebenslanger Lern- und Erfahrungsprozess. Schritt für Schritt wird uns – wenn wir das wollen – klarer, als wen mich Gott gedacht hat. Schritt für Schritt lernen wir ein Stückerl mehr über unser wahres Selbst, lernen wir ein Stückerl mehr eine Antwort auf diese Frage „Wer bist Du?“ zu geben. Wie funktioniert dieser Lernprozess? Situationen in meinem Leben, in denen ich spüre, dass mir – wie man so schön sagt „das Herz aufgeht“, das ich ganz bei mir bin und in dem, was ich tue voll erfüllt und begeistert bin, das sind gute Hinweise auf wichtige Aspekte von meinem Selbst. Umgekehrt haben wir sicher alle auch schon viele Erfahrungen mit Situationen gemacht, wo wir gemerkt haben, „das war’s nicht, da war ich nicht ich selbst, da habe ich mich völlig unwohl gefühlt. Auch das sind wichtige Lernerfahrungen und Hinweise, wer ich eben NICHT bin. Genauso wie uns Johannes im Evangelium ja auch aufzählt, wer er aller definitiv nicht ist.
Ich denke, man kann sich das wie ein Mosaik vorstellen, ein Mosaik das aus vielen kleinen Mosaiksteinen von Erfahrungen und Wissen über mein wahres Selbst besteht und erst das Zusammensetzen dieses Mosaik ergibt das Gesamtbild. Jeder Mensch ist ein Ebenbild Gottes und die ganz spezielle und einzigartige Form dieser Ebenbildlichkeit, die genau Dich ausmacht, das ist dann gleichsam dieses vollendete Mosaik, dieses Gesamtbild und damit auch die Antwort auf die Frage „Wer bist Du?“
Sonntag Gaudete – Freut euch zu jeder Zeit. Kann es eine größere Freude geben, als zu wissen wer ich bin, als Antwort geben zu können auf die Frage „Was sagst Du über dich selbst?“, als sich seiner Selbst bewusst zu sein und das auch – so wie Johannes es uns vorzeigt – zu leben und umzusetzen? Diese Freude wird riesengroß sein. Vielleicht denken Sie sich jetzt, na gut, aber wie soll das gelingen, ist das nicht ein unendlich schwieriger und anspruchsvoller Weg?
In der 2. Lesung heißt es auch wieder „Freut euch zu jeder Zeit.“ Und dann heißt es: Prüft alles, und behaltet das Gute! Meidet das Böse in jeder Gestalt! Der Gott des Friedens heilige euch ganz und gar. Gott, der euch beruft, ist treu; er wird es tun.
Ich denke, eine stärkere Zusage, ein größeres Vertrauen kann es gar nicht geben. Gott beruft mich und er ist treu ohne Wenn und Aber mich auf diesem Weg zu meinem Selbst und in meiner Berufung zu tragen, zu stärken, zu führen und zu heiligen, also ganz zu machen.
Na wenn das kein Grund zur Freude ist!! 🙂
Wer bist Du? – Was sagst Du über Dich selbst? Vielleicht wollen wir mit dieser Frage die verbleibenden Tage bis Weihnachten einfach einmal „schwanger“ gehen, um dann am Heiligen Abend die Freude erst recht riesengroß werden zu lassen.
(c) Alexander Kaiser