Gedanken zum 3. Fastensonntag Lesejahr B am 7.3.2021 zum Evangelium Joh 2, 13-25

Das Evangelium, das wir soeben gehört haben, das gleicht einem Spektakel. Zuerst macht Jesus eine Geißel aus Stricken und treibt damit alle aus dem Tempel hinaus, nicht nur die Tiere, es ist von Rindern, Schafen und Tauben die Rede, nein, auch die Menschen, die Verkäufer die dort drinnen waren. Man kann sich das direkt bildlich vorstellen, wie Jesus hier quasi reinen Tisch macht und alle, die sich im Tempel aufgehalten haben, hinausscheucht und vertreibt. Aber damit noch nicht genug, zurück im Tempel, schüttet er das Geld der Wechsler noch aus und dann wirft er noch alle Tische um, die er findet. Also, richtig arg, Jesus ist völlig ausser Rand und Band, auf Wienerisch würde man wohl sagen „Jesus ist völlig ausgezuckt! – Ein richtiges Häferl“ Jesus war offenbar total wütend, ja man kann sogar sagen, er war zornig und aggressiv.

Mir kommen in Gedanken gerade Situationen aus meinem beruflichen Alltag in den Sinn, Situationen in Projekten oder in Sitzungen und Meetings, wo ich mir nicht selten denke, „ja sind die denn alle wahnsinnig, was die hier gerade treiben oder planen, das darf doch nicht wahr sein … „ Und – ganz ehrlich – manchmal hätte ich auch Lust oder bin ich versucht, einmal so ordentlich dreinzufahren, so richtig auf den Tisch zu hauen und vielleicht – wenn ich mir Jesus als Vorbild nehme – sogar mehr … So ein „Dreinfahren“ birgt natürlich auch ein großes Risiko in sich. Aber Jesus war das Risiko seines aufsehenerregenden Handelns offenbar egal und darum hat er agiert, so wie es uns im Evangelium beschrieben wurde. Sie werden mir wahrscheinlich zustimmen: diese Episode im Tempel, passt so überhaupt nicht in unser Bild, das wir meistens von Jesus haben, in unser Bild, das uns auch über Jahrhunderte gelehrt wurde: Jesus als der gütige, milde, weise, charismatische Lehrer, Heiler und Mensch.

Was kann uns diese Evangelienstelle sagen, was kann sie uns mitgeben für unser Leben und unseren Alltag? Ich denke, drei Dinge:

1.) Jesus war ein Mensch, wie Du und ich. Jesus hatte Emotionen, hier in diesem Evangelium spüren wir seine Emotionen richtiggehend, seine Wut, seine Leidenschaft. Aber es gibt auch andere Stellen in den Evangelien, wo uns berichtet wird, dass Jesus traurig war und geweint hat, dass er enttäuscht war, einmal heißt es im Mk-Evangelium, dass er im innersten tief erregt und aufgewühlt war. Und ich kann mir gut vorstellen, dass Jesus in der vielen Zeit in der er mit seinen Jüngern zusammen war, auch viel gelacht hat, eine Hetz gemeinsam mit seinem Team hatte. Jesus war ein Mensch, so wie Du und ich – ich glaube, das vergessen wir manchmal. Ich denke, wir haben manchmal vielleicht so ein Bild im Kopf, dass Jesus eine Art Gott-Mensch war, quasi eine Marionette Gottes, so dass alles, was er in seinem Leben getan hat, bereits vorausbestimmt und geregelt war, gleichsam eine gmahte Wiesn. Dem war nicht so. Jesus hatte einen freien Willen und er hätte sich jederzeit auch ganz anders entscheiden können. Jesus war keine menschliche Regung und keine menschliche Emotion und auch keine menschliche Versuchung fremd. Und ich denke, genau weil das so war, weil Jesus ein Mensch wie du und ich war, können wir uns von Jesus alles für unser Leben gleichsam abschauen und immer wieder – wenn wir selber Entscheidungen zu treffen haben, oder Handlungen setzen müssen – uns fragen, „und wie hätte Jesus an meiner Stelle entschieden – wie hätte Jesus an meiner Stelle jetzt gehandelt. Was ratest du mir Jesus, wie soll ich agieren?“

2.) Ein zweites, was wir uns von diesem Evangelium mitnehmen können:

Warum hat Jesus da im Tempel dermaßen heftig reagiert und ist so rigoros eingeschritten? Vermutlich deshalb, weil ihm ganz klar war, was seine Mission, sein Auftrag, seine Berufung ist und er gesehen hat, dass das, was sich da im Tempel abspielt, der Erfüllung seiner Mission völlig entgegenläuft.

Was war der Auftrag von Jesus, seine Berufung? Der Aufbau des Reiches Gottes auf Erden und damit den Menschen ein Leben in Fülle zu ermöglichen. Das war seine Mission und diese Mission konnte er auf einer ganz starken und festen Identität seiner Person aufbauen. Über diese Identität haben wir gerade erst vor wenigen Wochen im Evangelium gehört, als Gott durch die Wolken zu Jesus gesagt hat: du bist mein geliebter Sohn. Diese zwei Enden sind wichtig: einerseits die Identität, also wer bin ich und andererseits die Mission, die Berufung, also, wozu bin ich auf der Welt, was ist mein Auftrag?

Jesus war mit voller und purer Leidenschaft für die Erfüllung seines Auftrags auf Erden unterwegs – und er war bestärkt und quasi „abgesichert“ durch diese starke Identität „Du bist mein geliebter Sohn“. So konnte er auch gut das Risiko von so extremen Situationen, wie der im Tempel eingehen. Ja er musste es gleichsam, weil das was er dort erlebt und gesehen hat, seiner Mission, seinem Auftrag völlig widersprochen hat.

Jesus war – wie Anfang betont – wahrer Mensch, Mensch wie du und ich. Daher können und dürfen wir uns diesen Zwei-Schritt bei Jesus auch für unser Leben 100%-ig abschauen und umsetzen. Unsere Identität, ist dieselbe wie die von Jesus. Auch zu uns wurde und wird von Gott gesagt, „Du bist meine geliebte Tochter, du bist mein geliebter Sohn“. Das sind wir einfach. Punkt. Genauso wichtig ist aber auch das andere Ende, unsere Mission, unser Auftrag unsere Berufung. Für Jesus war es klar, was sein Auftrag ist.

Wie schaut das bei uns aus, bei Ihnen, bei mir? Der Hl. Augustinus hat einmal gesagt „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst!“ …. Was ist es, wofür ich brenne? Was ist es, wofür ich mich so leidenschaftlich wie Jesus einsetze, dass ich dafür auch ein Risiko eingehe und dafür kämpfe? Jesus hat uns vorgezeigt, wie wichtig es ist, dass wir klar sind, wie wichtig es ist, dass wir immer wieder aufs Neue fokussiert unseren je individuellen und einzigartigen Auftrag im Blick haben. Wenn wir diese Klarheit, diesen Fokus und unseren Auftrag aus den Augen verlieren, dann geraten wir in Gefahr, für alles offen zu sein. Und wie heißt es so schön? Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein.

3) Ein drittes, was wir aus dieser Evangelienstelle mitnehmen können:

Nicht umsonst heißt diese Stelle im Volksmund ja auch Tempelreinigung. Jesus rast wie ein Wirbelwind durch den Tempel und schmeißt alles raus und reinigt den Tempel von all dem, was zwischen ihm und der Erfüllung seiner Mission steht. Er schmeißt all das raus, was stört, den Willen Gottes – seines Vaters – zu sehen und zu hören. Letztlich könnte man sagen, Jesus schmeißt alles raus, was stört, auf Gott zu vertrauen und so den je eigenen Auftrag auch wahrzunehmen und zu erfüllen.

Dasselbe gilt für uns. Wir sind Ebenbilder Gottes – Vinzenz Pallotti hat das immer und immer wieder betont. Und weil wir Ebenbilder Gottes sind, und quasi diese göttliche DNA in uns tragen, ist es so wichtig, all das rauszuschmeißen, das uns hindert dieses in uns grundgelegte Ebenbild Gottes, also unseren Auftrag auch zu erkennen und ihm zu folgen.

–> Jesus war ein Mensch, so wie Du und ich und so dürfen wir uns für unser Leben, alles von Jesus 1:1 abschauen und übernehmen. Vielleicht wollen wir die verbleibende Fastenzeit auch dazu nutzen, es wie Jesus zu machen und all das rauszuschmeißen, was uns daran hindert, Gott zu vertrauen und dem immer mehr auf die Spur zu kommen, wofür wir brennen.

Gott spricht auch heute und immer wieder aufs Neue jedem und jeder von uns: „Du bist mein geliebter Sohn / meine geliebte Tochter, lass mich dich führen und vertraue mir“.

(c) Alexander Kaiser