Gedanken 3. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr A) zum Evangelium: Joh 21,1-14

Gegen jede Vernunft
Die Fischer haben soeben ihre nächtliche Fahrt beendet.
In dieser Nacht haben sie nichts gefangen, und stehen nun mit leeren Händen da, nach menschlichen Maßstäben, erfolglos.
Jesus sagt ihnen, dass sie nochmals fischen gehen sollen.
Nochmals fischen, und das am Morgen, das ist in ihren Augen – und in den Augen jedes Fischers – total widersinnig.
Aber sie entscheiden sich dafür – Das Ergebnis ist ein voller Erfolg. ([1] Vgl. dazu auch die Gedanken unter https://www.stiftgoettweig.at/blog/b2 – Widersinnig). Die Fischer haben gegen jede Vernunft gehandelt und sie waren damit erfolgreich.

In der Bibel gibt es zahllose Beispiele davon, dass etwas – nach menschlichen Maßstäben – völlig widersinnig ist:
• Gott – der große Gott – hat sich klein gemacht und ist Mensch geworden.
Menschlich betrachtet ist es ungewöhnlich und widersinnig, dass sich ein Gott auf die Ebene des Menschen begibt.
• Als Gottesmutter wurde ein junges, einfaches, völlig unbekanntes und unbedeutendes Mädchen ausgewählt. Aus den Augen von Menschen betrachtet, ist das ungewöhnlich und widersinnig.
• Zum ersten Leiter unserer Kirche wurde mit Petrus jemand gewählt, der Jesus dreimal verraten hat und der ein totaler Angsthase war. Aus menschlicher Sicht ist es ungewöhnlich und total widersinnig, so jemandem die Leitung der Kirche anzuvertrauen.
• Einer der bedeutendsten Theologen unserer Kirche – Paulus – war als Saulus ein erbitterter Verfolger der christlichen Urkirche. Aus menschlicher Sicht ist es ungewöhnlich und total widersinnig, dass aus einem Christenverfolger der bedeutendste Theologe wird.
• Jesus hat als seine Jünger großteils ganz einfache, scheinbar ungebildete, jedenfalls nicht einflussreiche Menschen gewählt. Aus menschlicher Sicht ist das ungewöhnlich und widersinnig, wenn ich – aus menschlicher Sicht gesprochen – etwas erreichen will.
• Umgekehrt sind viele der Apostel Jesus einfach – von einer Minute auf die andere – gefolgt und haben buchstäblich alles liegen und stehen gelassen. Aus menschlicher Sicht ist das ungewöhnlich und total widersinnig, jemandem zu folgen, der nichts vorzuweisen hat und mir nichts versprechen kann.
Gegen jede Vernunft …
Die Liste mit Beispielen aus der Bibel, in denen – aus menschlicher Sicht – gegen jede Vernunft agiert und gehandelt wurde, ließe sich noch lange fortsetzen. Beispiele, in denen uns gezeigt wird, dass Menschen, die ungewöhnlich gehandelt und entschieden haben, erfolgreich waren oder „belohnt“ wurden.
Da stellt sich nun die Frage: „Kann ich Gottes Willen und Gottes Stimme nur erkennen und hören und Gottes Weg nur gehen, wenn ich unvernünftig bin, wenn ich verrückt bin?“
Ja und nein:
• Nein, deshalb, weil nicht gemeint ist „dumm“ zu sein, mutwillig – gleichsam sehenden Auges – in den Abgrund zu gehen, oder absichtlich etwas falsch zu machen. Das wäre einfach nur dumm.
• Ja, weil damit vielmehr gemeint ist, nicht (immer) nur auf die Stimme der Vernunft zu hören, sondern immer wieder – bewusst oder unbewusst – die Stimme des Herzens, die innere Stimme zu hören, sie wahrzunehmen, sich von ihr leiten und führen zu lassen und so diese Stimme auch über die Stimme der Vernunft zu stellen.
Gott hat uns als seine Ebenbilder geschaffen, jede und jeder von uns ist ein Ebenbild Gottes und diese Ebenbildlichkeit ist in uns grundgelegt. Dieser Gedanke war auch Vinzenz Pallotti ganz wichtig. Sebastian Painadath, ein indischer Jesuit hat immer wieder gesagt, dass jeder und jede von uns bereits vergöttlicht ist. Wir tragen also das Göttliche in uns drinnen, und daher dürfen wir darauf vertrauen, dass wenn wir unserer eigenen inneren Stimme verantwortungsvoll lauschen, ihr zuhören und ihr folgen, wir dadurch Gottes Führung und Gottes Hilfe folgen.
Ich glaube, dass viele von uns, diese Erfahrung in ihrem Leben schon gemacht haben, auf die eigene innere Stimme anstatt auf die Stimme der Vernunft gehört zu haben – quasi un-vernünftig (im oben beschriebenen Sinn) gehandelt zu haben – und damit auch gut gefahren zu sein. Entscheidend dabei war wahrscheinlich das Vertrauen. Das Vertrauen auf meine innere Stimme und damit das Vertrauen auf Gott und auf seinen Weg und seine Führung. Ohne dieses Vertrauen, ohne Gottvertrauen, bleibt mir nur allein der Weg der Vernunft übrig, der logische Weg sozusagen.
Im Evangelium dieses Sonntags wären die Fischer ohne Vertrauen auf Jesus nach der erfolglosen Fischfahrt einfach nach Hause gegangen. Das wäre schade gewesen!
Vielleicht sind diese beiden Fragen für Sie hilfreich:
• Wann bin ich der Stimme meines Herzens und meiner inneren Stimme gefolgt, anstatt der Stimme der Vernunft und es war ein voller Erfolg?
• Was hat es möglich gemacht, dass ich meine innere Stimme – die Stimme Gottes – wahrgenommen habe, sie gehört habe und ich ihr vertrauensvoll gefolgt bin?

(c) Dr. Alexander Kaiser