Der Ausbruch aus dem (vorweihnachtlichen) Hamsterrad

Arbeit Leben

Keine Zeit – stöhnt der Manager – längst schon ist seine Ehe gescheitert – Und seine Kinder sieht er kaum noch

Keine Zeit – klagt der Firmeninhaber – meine Kunden brauchen mich 24 Stunden am Tag was soll ich da tun

Keine Zeit – keucht die Chefin – zerrissen zwischen Kinder und Beruf – Der letzte Urlaub keine Ahnung wann der war

Keine Zeit – Alle haben keine Zeit – Rasend schnell verrinnt das Leben – Keine Chance verlorene Zeit zurückzukaufen – irgendwann wenn wir zerbrechen wünschen wir uns – Hätten wir doch gearbeitet um zu leben – Und nicht gelebt um zu arbeiten.

Das Thema, das in dem Gedicht von Albert Horrak im neuen Buch „Substanz des Lebens“ so trefflich beschrieben wird, ist gerade in der (Vor-)Weihnachtszeit wieder ganz aktuell … vielen wird bewusst, dass sie im Hamsterrad laufen …..

Das Hamsterrad – welche Bilder tauchen bei Ihnen auf, wenn Sie an Menschen im Hamsterrad denken?

Vielleicht kommt genau das Bild aus dem Gedicht, eines Menschen, der gehetzt von einem Termin zum nächsten eilt, der eine Aufgabe nach der anderen übernimmt oder zugeteilt bekommt und permanent überfordert ist von den Ansprüchen in seinem Job und vom Ergebnisdruck des Unternehmens. Das Hamsterrad der Überforderung also, das wir meist damit versuchen zu bewältigen, dass wir mehr arbeiten, dass wir schneller arbeiten, dass wir mehr Überstunden machen, dass wir weniger Freizeit haben. Irgendwann ist dann der Zusammenbruch – das Burn out – vorprogrammiert oder aber wir steigen aus, wir finden den Ausbruch aus dem Hamsterrad der Überforderung.

Vielleicht taucht aber bei Ihnen auch ein Mensch auf, der zerrissen ist, zerrissen zwischen den Anforderungen in der Arbeit und in der Familie – zerrissen zwischen dem Bedürfnis, Zeit mit PartnerIn und Kindern zu verbringen, den Prozess des Erwachsenwerdens der eigenen Kinder zu begleiten, dabei zu sein bei der Entwicklung der Kinder und den Anforderungen eine berufliche Karriere zu machen oder anstehende Herausforderungen im Job zu bewältigen. Das Hamsterrad der Zerrissenheit.

Oder kommt Ihnen beim Gedanken an das Hamsterrad das Bild eines Menschen, der tagein tagaus ziel- und orientierungslos einfach „so vor sich hin lebt“. Menschen, die ihre Arbeit als langweilig und nicht herausfordernd empfinden, die – im schlechtesten Sinn des Wortes – Zeit „tot schlagen“, schauen, dass der Tag irgendwie vergeht, um dann wenn der Feierabend oder das Wochenende da ist, sich von Radio und Fernsehen jede Woche aufs Neue erzählen zu lassen, dass das „wirkliche Leben“ nur dann stattfindet, wenn wir nicht arbeiten. Das Hamsterrad der Sinnleere und Langeweile.

Noch eine weitere Art des Hamsterrades ist dramatisch im Steigen begriffen. Nennen wir es das Hamsterrad der Uniformität. Dort finden sich Menschen, die eine übertrieben große Aufmerksamkeit darauf richten, was „man“ tut. Menschen, die verlernt haben, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu achten und sich vielmehr fast ausschließlich daran orientieren, was „man“ erwartet, wie „man“ sich kleidet (das schreckliche Wort des dresscodes sei hier in Erinnerung gerufen), was „man“ zu tun hat. Die Frage, die sich diese Menschen leider kaum mehr stellen, ist, wer ist dieser „Mann mit einem n“, dieser „man“, der alles beeinflusst, lenkt und steuert. Menschen im Hamsterrad der Uniformität haben es verlernt, ihre Individualität und Einzigartigkeit zu beachten und auch wertzuschätzen. Die Krise und oftmals der Zusammenbruch sind auch hier unabwendbar.

Der Advent und die Weihnachtszeit laden in ganz besonderer Weise ein, aus dem Hamsterrad auszusteigen – da es um die Menschwerdung geht. Wie kann das gelingen?

„Mach es wie Gott, werde Mensch“, diesen Ausspruch kennen Sie vielleicht schon. Mensch-Werdung – meint in diesem umfassenden Sinn, der Mensch zu werden, als der ich von Gott gedacht bin. Wirklich Mensch zu werden, heißt dann auch, seiner Berufung zu folgen und so ein sinn-volles und erfülltes Leben – ja das verheißene Leben in Fülle (Joh 10,10) leben zu können. Mensch-Werdung meint aber auch, seine wesentlichen und substantiellen Bedürfnisse wahrzunehmen und sie ernst zunehmen. Mensch-Werdung heißt sich bewusst zu sein, dass ich geboren wurde, um zu leben … sich bewusst zu werden, dass Gott will, dass es mir gut geht.

Im Hamsterrad – egal in welcher Ausformung – ist keine Mensch-Werdung möglich. Wenn wir aus dem Hamsterrad ausbrechen, erheben wir uns und wachsen über uns selbst hinaus – das ist Wachstum, das Leben – wirkliches Leben – möglich macht.

Oftmals ist ein erster Schritt aus dem Hamsterrad auszubrechen, der, wahrzunehmen, dass man (schon) in einem Hamsterrad ist.

Vielleicht wollen Sie die Tage bis Weihnachten dazu verwenden, nicht noch hektischer und umtriebiger zu werden, sondern einen Plan zu fassen, aus welchem Hamsterrad sie ausbrechen werden, um dann „wirklich Mensch zu werden“. Ziemlich sicher wird das Fest der Menschwerdung Gottes dann auch ein Fest der eigenen Menschwerdung sein.

In diesem Sinn: Mach es wie Gott und werde Mensch!

(c) Dr. Alexander Kaiser